Portrait: Theater am Rand

Mitten auf der grünen Wiese, etwa anderthalb Autostunden nordöstlich von Berlin steht am deutsch-polnischen Grenzfluss Oder ein eigenwilliger Holzbau ohne rechte Winkel. Die gesamte Rückwand des Theaters lässt sich öffnen, um den Blick hinter der Bühne freizugeben auf die Weiten des Oderbruchs mit seinen spektakulären Sonnenuntergängen.

Das kleine Privattheater ist bekannt für professionelle Schauspielkunst, hochklassige Jazzmusik und auch eine gewisse Eigenständigkeit und Widerständigkeit. Markenzeichen ist die Zahlweise, es gilt „Eintritt bei Austritt“: Die Besucher*innen bezahlen am Ausgang und entscheiden dabei selbst, was ihnen die Vorstellung im Speziellen und Kultur im Allgemeinen wert ist.

Gespielt wird bis auf eine Winterpause an jedem Wochenende. Die Gründer, der Schauspieler Thomas Rühmann und der Akkordeonist Tobias Morgenstern, haben in den 23 Jahren des Bestehens eine eigene Art erzählendes Theater entwickelt. Sie spielen Stücke nach literarischen Vorlagen, meist sparsam umgesetzt ohne viele Requisiten, oft mit eigens komponierter Musik. Im Repertoire sind unter anderem: „Siddhartha“ von Hermann Hesse, „Dshamilja“, von Tschingis Aitmatow, „Die Entdeckung der Langsamkeit“ nach Sten Nadolny. Dazu kommen viele Gastkünstler*innen mit ihren Lesungen und Theaterprojekten. Auch Kindervorstellungen gibt es. Regelmäßig gastieren bekannte Musiker*innen, vor allem mit Jazz und Swing.

Ein Höhepunkt ist das jährliche Internationale Akkordeonfestival mit jungen, innovativen Künstler*innen. Jeden Sommer findet das deutsch-polnische Singer-Songwriter-Festival „Liederlauschen am Rand“ statt.

Das Theaterrestaurant „Randwirtschaft“ wird betrieben vom Ökodorf Brodowin, einem der wichtigsten Produzenten biologischer Lebensmittel im Land Brandenburg. Die „Randwirtschaft“ ist die einzige bio-zertifizierte Theatergastronomie Deutschlands.

Im Herbst 2019 – von Corona war noch keine Rede – beschloss Thomas Rühmann, das Stück „Der Wal und das Ende der Welt“ nach dem Roman von John Ironmonger zu inszenieren. Nach und nach wurde klar, die Realität holt die Fiktion ein: In dem Stück geht es darum, wie eine Dorfgemeinschaft in einer Pandemie zusammenhält und sie solidarisch übersteht. Die Premiere im Dezember konnte nur vor einigen Journalist*innen stattfinden. Am 1. April 2021 steht das Stück wieder auf dem Spielplan.

Das Theater am Rand: theateramrand.de