Portrait: Schnürschuh Theater

Geschnürte Schuhe stehen für Standfestigkeit und für den Schritt nach vorn – so wie das Schnürschuh Theater. 1976 gegründet und seit 1994 mit eigener Spielstätte in der Bremer Neustadt besteht das Theater seit 44 Jahren und ist Bremens ältestes freies Theater. 2007 erhielt das Haus die Auszeichnung „Ort der Ideen“. Das Theater steht für Demokratie, Toleranz, Mut und Leben. Es sagt über sich: „Wir wollen bewegen, interessieren, zeitkritisch sein, zum Nachdenken anregen. Die Welt mit ihren Konflikten rückt näher und konfrontiert uns mit der Frage, was wir tun können und was in unserer Verantwortung liegt. Wir erzählen Geschichten über Toleranz, Empathie und den friedlichen Umgang miteinander und wollen das Verständnis zu anderen Lebenswelten und Kulturen fördern. Die Vermittlung des Theaters als soziales Medium und Ausdrucksform ist uns wichtig und ergänzt unsere Arbeit außerordentlich.“

Schnürschuh Theater, das ist künstlerisch hoher Anspruch, verbunden mit dem Ziel, dass die Inszenierungen allen zugänglich sind. Gerade das junge Publikum betritt zum ersten Mal in ihrem Leben ein Theater.
Die Bühne, die zur Verfügung steht, ist klein und entspricht nicht dem gewohnten Guckkasten. Unglaublich nah ist man als Zuschauer am Geschehen, die Regie nutzt diese Intimität. Die Schauspieler*innen stehen auf der kleinen Bühne im Fokus, dürfen Vielseitigkeit und Energie zeigen, poetisch, komisch und rasant. Das hat auf das Publikum eine polarisierende Wirkung. Niemand bleibt unbeteiligt, verschwindet in einer Menge.

In diesem Sinne ist das Schnürschuh Theater ein analoger Ort in einer Digitalen Welt, und es ist ein Ort des Diskurses, der Diskussion, des Kommentars und zwar des Persönlichen.
Im Jugendtheater findet nach jeder Vorstellung ein Inszenierungsgespräch statt. Meinungen werden ernst genommen und diskutiert. Das erzeugt gegenseitigen Respekt. Fingerspitzengefühl verlangt auch die Auswahl der Stücke, für die der Kontakt mit dem Publikum, der Austausch in den zahlreichen Diskussionen nicht unerheblich ist: Oft handeln sie von Menschen, die man verstehen, mit denen man sich identifizieren kann. Wir erzählen Geschichten vom Neuanfangen, vom Älter-werden, Anders-werden oder des Aufbruchs aus der Sicht Einzelner.

Als Treffpunkt verschiedener Generationen und ihrer Ideen, welcher das Schnürschuh war, ist, und sein wird begleitet dieses Spannungsfeld das Theater weiter und liefert die Themen. Konkret wurde dies mit den eigens dramatisierten Fassungen des „Herr Lehmann“ und „Neue Vahr Süd“. Mit dem Roman des Autors Sven Regener, ein Bremer Urgestein, ist das Zeitgefühl der 80er Jahre wieder aufgeflammt und wirkt durch die Inszenierung des Regisseurs Helge Tramsen generationsübergreifend. Die Inszenierung wird für ein Abendpublikum und Schulgruppen gespielt. Herausragend war zudem das von Mathias Hilbig geschriebene und inszenierte Jugendstück „PapaYoloEpicFail“, welches dem großen Kanon der medienkritischen Stücke mit oft brutalem Ausgang bewusst eine Komödie entgegensetzt.

Kurz vor dem Ausbruch der Corona Pandemie inszenierte Mathias Hilbig Robert Seethalers Roman „Der Trafikant“. Aktuell wie nie. Ein eindrücklicher Aufruf zur Zivilcourage ist es geworden, der in knapp 95 Minuten als Vier-Mann-Stück über die Bühne geht. Seethalers Text hat Mathias Hilbig behutsam gekürzt, was vor allem zu Beginn des Abends höchst kreativ daherkommt. “Der Trafikant“ ist eine Warnung. Davor, wie schnell sich die Welt ändern kann, wenn man den falschen Menschen Macht gibt. Davor, dass sich historische Ereignisse wie diese nicht wiederholen dürfen.

Das Theater: schnuerschuh-theater.de/