Portrait: Haus der Springmaus

Nach der Gründung des Improvisationstheaters durch Bill Mockridge im Jahr 1983 und ersten Auftritten in einer Kneipe zogen die „Springmäuse“ zwei Jahre später in ihre erste eigene Spielstätte – den alten Tischtenniskeller der Katholischen Gemeinde an der Oxfordstraße im Bonner Zentrum. Dieser wurde in Eigeninitiative zum Kellertheater umgebaut. Die neun Quadratmeter große Bühne und die 150 Stühle – eng an eng – waren kein Podium für hohe Sprünge. Aber es war ein Sprungbrett. Schon kurz nach der Eröffnung überlegten sich die Schauspieler, das Haus auch für andere Künstler zu öffnen. Die erste Gastspieltruppe war das Musikquartett „Silvery Moon“, in dem der damals noch völlig unbekannte Konrad Beikircher mitspielte. Weitere Gastspiele zogen alsbald nach: Bockmeyers „Geierwally“ mit Dirk Bach im Dirndl, der bei der Alpenbesteigung an der nur 2,20 Meter betragenden Raumhöhe scheiterte und an die Decke krachte.

Andreas Etienne, der damals neben seiner Zugehörigkeit zum Springmaus-Ensemble die Gastspiele organisierte, schenkte ihm für die anderen Abende einen knallroten Motorradhelm. „Ich hasse Kellertheater“, kommentierte damals auch Georgette Dee, Diseuse von Gottes Gnaden, ihren legendären sekttrunkenen Sturz ins Publikum. Es war schon skurril, zu sehen, was sich auf engstem Raum so alles abspielte: Die zehnköpfige Akrobatiktruppe des Bewegungstheaters „Mobilé“ wird ihren Springmaus-Auftritt wahrscheinlich bis heute nicht vergessen haben: Zahlreiche Verstauchungen, Hautabschürfungen und eine kaputte Kniescheibe und Beulen vom wiederholten „Kontakt“ mit der niedrigen Decke zeugten vom verlorenen Kampf gegen die Tücken der winzigen Bühne. Die Akrobaten kamen – verständlicherweise – nie wieder.


Allen Widrigkeiten zum Trotz: Andreas Etienne blieb – neben seinen eigenen Springmaus- Auftritten – guten Künstlern auf der Spur und schnippelte die ersten Programmhefte selbst zusammen. Darin waren schon früh Namen zu lesen, die heute groß klingen: Richard Rogler („Freiheit aushalten“), Harald Schmidts erstes Solo „Überstehen ist alles“ oder Susanne Tremper mit ihrem Claire-Waldoff-Abend. Und auch Konrad Beikirchers Kabarettistenlaufbahn begann mit dem Haus der Springmaus: Mit Kaffeehauslesungen über Wiener Poeten, es folgten die legendären Gespräche zwischen der Bäckersfrau Roleber und Frau Walterscheid „Sarens, Frau Walterscheid…“, später das erste rheinische Programm „Himmel un Ääd“ usw.

Die Künstlerförderung war und ist bis heute einer der wesentlichen „Meilensteine“ zum Erfolg des Theaters gewesen. Damals unbekannte Kabarettisten wurden vom Haus der Springmaus systematisch aufgebaut. Neben schon genannten Künstlern gehören hierzu auch der Holländer Hans Liberg, Dieter Nuhr und die Schauspielerin Susanne Seidler, die ihre ersten Kleinkunst-Schritte im einstigen Kellertheater der Oxfordstraße wagte.

Die Platzkapazität des Theaters wurde langsam zu eng. Daher wurde das Angebot der leerstehenden Tanzsaalruine in der Endenicher Frongasse gerne angenommen. Die Vermieter, eine Bonner Wohnungsbaugesellschaft, bauten das Haus in einer Rekordzeit von nur neun Monaten um. Am 1. April 1993 – acht Jahre nach Gründung des ersten Haus der Springmaus in der Oxfordstraße – wurde das neue Theater eröffnet. Der Titel des am Eröffnungsabend gegebenen Programms der Springmäuse „Ende(nich) in Sicht“ resümierte das Ende der langjährige „Odyssee“.

Das Haus der Springmaus: springmaus-theater.de