Portrait: Contra-Kreis Theater

Bonns ältestes Privattheater blickt auf eine langjährige Tradition und eine wechselvolle, bewegte Vergangenheit zurück. Das Contra-Kreis-Theater ist gerade mal 70 Jahre jung und feiert in diesem Jahr an seinem neuen Standort unter dem Dach der Universität sein 54-jähriges Jubiläum.

Horst Johanning hat seit 1980 gemeinsam mit Katinka Hoffmann die künstlerische Leitung und Geschäftsführung des Contra-Kreis-Theaters inne. Nach einem Studium in Göttingen, der Philosophie und Theaterwissenschaft in Berlin wechselte er an die Hochschule für Musik und Theater in Hannover, wo er 1965 seine Schauspielausbildung abschloss. Seine ersten Inszenierungen am Contra-Kreis waren „Was ist an Tolen so sexy?“ und „Der amerikanische Traum“. Johanning, der heute als einer der wenigen Regie-Spezialisten für Komödien gilt, hat an Theatern in fast allen deutschsprachigen Großstädten inszeniert und tut es noch immer. Von 2001-2017 war er Vizepräsident des Deutschen Bühnenvereins und Vorsitzender der Privattheatergruppe.

Was die Schauspieler*innen und das Publikum so schätzen, ist der einmalige, besondere Charme der räumlichen Atmosphäre, die ganz persönliche Note dieses kleinen Amphitheaters. Die Schauspieler können sich auf der Contra-Kreis-Bühne nicht „verstecken“. Sie müssen immer präsent und hoch konzentriert sein. Diese Intimität und unmittelbare Nähe zum Publikum sind für die Schauspieler*innen Abend für Abend eine neue Herausforderung – das macht aber auch den Reiz für sie aus. Und wenn dann der Funke überspringt und die Zuschauer*innen begeistert sind, ist das der schönste Lohn für die Schauspieler*innen – der Applaus ist das Brot der Künstler*innen, für das sie sich jeden Abend in ein neues Abenteuer begeben.

 

Durch diese Nähe entsteht eine Stimmung, die das Publikum manchmal so sehr mitfiebern lässt, dass sich manche spontan in das Geschehen einmischen, etwa wenn auf der Bühne verzweifelt nach Streichhölzern gesucht wird und ein hilfreicher Zuschauer aus der ersten Reihe ein Feuerzeug reicht. Oder wenn ein Schauspieler im Stück händeringend nach einem Arzt sucht und ein netter Zuschauer aufsteht und mit dem gut gemeinten Ausspruch: „Ich bin Arzt!“ die Dramaturgie mal kurz durcheinander bringt. In manchen Stücken, wie z. B. in „Das Andalusische Mirakel“ wurden gar die Zuschauer*innen zum Teil der Inszenierung: Sie mussten – von Jochen Busse dirigiert – ein ganzes spanisches Dorf spielen und die temperamentvolle Geräuschkulisse liefern. Jochen Busse, häufiger und gern gesehener Gast im Contra-Kreis, hat das in seinem Buch so beschrieben: „Man baut im Laufe der Jahre Vorlieben auf. Ideal ist das Contra-Kreis-Theater in Bonn. Da ist die Bühne zu ebener Erde, ein Atrium. In Bonn kann man alles spielen, da fällt nichts runter. Manchmal explodiert die Stimmung geradezu und der Contra-Kreis wird zum Hexenkessel der Ausgelassenheit. Das beste Beispiel für eine Interaktion der besonderen Art war kürzlich in Ferdinand von Schirachs Justizdrama „Terror“ zu erleben, einer Koproduktion des Contra-Kreis-Theaters mit Junges Theater Bonn: Hier wurde das Publikum explizit Teil des Geschehens, indem es als Schöffen fungierte und in der Pause dazu aufgerufen war, über Freispruch oder Verurteilung des Angeklagten abzustimmen. Ein Stück, das auf allen Ebenen einen nachhaltigen Eindruck hinterließ.

Das Theater: contra-kreis-theater.de